BEM-Berater

Was tut ein BEM-Beauftragter?

Aufgaben eines BEM-Beauftragten und mit wem er zusammenarbeitet

Der BEM-Beauftragte leitet das BEM. Er führt auch die Gespräche mit den BEM-Berechtigten. Er sucht nach Maßnahmen, die eine Arbeitsunfähigkeit (AU) überwinden und die weiteren Zeiten der AU senken. Dabei dokumentiert er alle wesentlichen Vorgänge in der vertraulichen BEM-Akte. Bei der Suche nach Maßnahmen kann er, falls notwendig, auf weitere Hilfe, sofern der BEM-Berechtigte zustimmt, zurückgreifen.

Dies können zum Beispiel sein:

  • die Interessenvertretung (Betriebsrat, Personalrat) 
  • die Schwerbehindertenvertretung 
  • der Betriebsarzt oder der Werksarzt 
  • oder auch die Fachkraft für Arbeitssicherheit 
  • Einbeziehung des Datenschutzbeauftragten (Sicherstellung des Datenschutzes)
  •  die Rehabilitationsträger: Unfallversicherungsträger im Rahmen einer Einzelfallberatung (UVT), gesetzliche Krankenkasse, Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit
  • das Integrationsamt
 

Der BEM-Beauftragte klärt Fragen, die im Zusammenhang mit erkrankten oder leistungsgewandelten MitarbeiterInnen entstehen, z.B.:

  • Kann die bisherige Tätigkeit trotz bzw. nach einer Erkrankung noch voll ausgefüllt werden?
  • Kann bzw. muss der bestehende Arbeitsplatz angepasst werden?
  • Kann auf einen anderen, leistungsgerechten Arbeitsplatz umgesetzt werden?
  • Kann Minderleistung akzeptiert und kompensiert werden?
  • Muss man sich am Ende doch trennen?

Organisation der Einführung als Projekt

Aus dem bisher Gesagten wird deutlich, warum es ein für alle Betriebe und Verwaltungen passendes Konzept für die Einführung des BEM nicht geben kann.

In kleinen und mittleren Unternehmen reichen oft allein die gut strukturierte Umsetzung des BEM im Einzelfall und die Inanspruchnahme der Unterstützung externer Hilfen. Dies spart Ressourcen und genügt den gesetzlichen Mindestanforderungen.

Anders ist dies in Betrieben etwa ab einer Größe von 200 Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern. Hier bietet es sich an, BEM in Form eines Projekts einzuführen. Dazu empfiehlt sich die Gründung eines BEM- beziehungsweise Integrationsteams. Dieses Team ist der Entwicklungsmotor des BEM. Seine einzelnen Aufgaben und Rollen wurden bereits oben beschrieben.
Das dort genannte Kernteam aus Arbeitgeber, Schwerbehindertenvertretung, Betriebsrat/Personalrat und Betriebsarzt kann sich bei Bedarf erweitern um:

• Arbeitsmedizinischen Dienst
• Arbeitssicherheitsbeauftragte
• Gesundheitsbeauftragte
• Gleichstellungsbeauftragte (im öffentlichen Dienst)
• externe Partner: Reha-Träger, Inklusionsamt, Agentur für Arbeit, Integrationsfachdienst

Das Team sollte strukturiert arbeiten, sich vor allem in der Einführungsphase regelmäßig treffen und neben der einzelfallbezogenen Arbeit die Einführung des BEM als System begleiten. Es ist darauf zu achten, dass die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter der Mitwirkung der Beteiligten des Integrationsteams zugestimmt hat. Keiner besonderen Zustimmung bedarf die Mitwirkung von Arbeitgeber und Betriebsarzt.

Einzelfallübergreifender systematischer Ansatz des BEM

Wie dargelegt, handelt es sich beim BEM um ein teilweise komplexes Verfahren mit einer Reihe von Beteiligten. Daher sollte das BEM jedenfalls in größeren Betrieben/Dienststellen einzelfallübergreifend systematisch geordnet und gemeinsam verabredet werden. Dabei empfiehlt es sich, auch die Verantwortlichkeiten für den BEM-Prozess sowie für einzelne Schritte dieses Prozesses klar festzulegen. Eine solche Vereinbarung zwischen den Betriebspartnern sollte Regelungen zu folgenden Punkten beinhalten:

• zum Verfahrensablauf
• zur Zuweisung von Verantwortlichkeiten für den BEM-Prozess oder Teilschritte (zum Beispiel Integrationsteam, Betriebsarzt)
• zur Mitwirkung des/der Beschäftigten (Freiwilligkeitsprinzip)
• zur Gewährleistung des Datenschutzes
• zur Ergebniskontrolle und Fallauswertung zwecks Gewinnung von Erkenntnissen zur
Verbesserung der betrieblichen Gesundheitssituation sowie
• zu Dokumentationsformen und -pflichten.

Für ein systematisches einzelfallübergreifendes BEM ist eine betriebliche Vereinbarung erforderlich, zum Beispiel eine Betriebs- oder Dienstvereinbarung oder die Inklusionsvereinbarung nach § 166 SGB IX. An dieser Stelle sei noch einmal betont: Das BEM ist kein starres, für alle Betriebe und Dienststellen gleichartiges System. Ein BEM im öffentlichen Dienst sieht sicherlich anders aus als eines in der Privatwirtschaft, ein BEM in einem Großkonzern anders als eines in einem mittelständischen Betrieb. So unterschiedlich mögliche betriebliche Faktoren, die zu Arbeitsunfähigkeitszeiten führen, sind, so unterschiedlich können auch die gemeinsam im Betrieb/in der Dienststelle vereinbarten Schwerpunktsetzungen für ein erfolgreiches BEM sein. Wichtig ist, dass insbesondere der Arbeitgeber und die Beschäftigten, aber auch alle übrigen Beteiligten des BEM gemeinsam hinter dem gesetzlichen Anliegen – der Gesundheitsförderung und Prävention – stehen.

Umsetzung des BEM - Muss BEM ein bestimmtes Ergebnis haben?

Nein, ein BEM muss kein bestimmtes Ergebnis haben, erst recht muss und kann es nicht immer erfolgreich sein. Das Gesetz schreibt weder bestimmte Mittel vor, die auf jeden – oder gar keinen – Fall in Erwägung zu ziehen sind, noch beschreibt es bestimmte Ergebnisse, die das BEM haben muss oder nicht haben darf. Das Gesetz vertraut vielmehr darauf, dass die Einbeziehung aller Beteiligten und externen Stellen sowie die abstrakte Beschreibung des Ziels ausreichen, um die Vorstellungen der Betroffenen sowie internen und externen Sachverstand in ein faires und sachorientiertes Gespräch einzubringen, dessen Verlauf im Einzelnen und dessen Ergebnis sich nach den Erfordernissen des jeweiligen Einzelfalls zu richten haben (BAG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 2 AZR 198/09).

Fest steht aber auch, dass das BEM-Verfahren einen Abschluss haben muss. Dies erwartet nicht zuletzt die betroffene Person. Führt der Klärungsprozess zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu keiner übereinstimmenden Beurteilung der Möglichkeiten, verbleibt es bei einem Dissens (BAG, Beschluss vom 22. März 2016 – 1 ABR 14/14).

Muss der Arbeitgeber das im BEM gefundene Ergebnis umsetzen?

Es gibt keine Möglichkeit, dass die betroffene Arbeitnehmerin bzw. der betroffene Arbeitnehmer die Umsetzung des Ergebnisses einklagen kann.

Hat das BEM jedoch zu einem positiven Ergebnis geführt, ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung die empfohlene Maßnahme – soweit diese in seiner alleinigen Macht steht – als milderes Mittel umzusetzen. Dies gilt auch für Maßnahmen, die auf Empfehlung des Betriebsarztes ausgesprochen werden (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 11. April 2018 – 6Sa 361/17). Kündigt er, ohne sie umgesetzt zu haben, muss er im Einzelnen und konkret darlegen, warum die Maßnahme entweder trotz Empfehlung undurchführbar war oder selbst bei einer Umsetzung diese keinesfalls zu einer Vermeidung oder Reduzierung von Arbeitsunfähigkeitszeiten geführt hätte. Dem wird der Arbeitnehmer regelmäßig mit einem einfachen Bestreiten entgegentreten können (BAG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 2 AZR 400/08).

Zu den gebotenen Maßnahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements gemäß § 167 Absatz 2 SGB IX gehört auch die Durchführung einer ärztlich empfohlenen stufenweisen Wiedereingliederung. Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, können Schadenersatzansprüche des Arbeitnehmers gemäß § 280 BGB, § 823 Absatz 2 BGB in Verbindung mit § 167 Absatz 2 SGB IX in Betracht kommen (LAG Hamm, Urteil vom 4. Juli 2011 – 8 Sa 726/11).

Das Gelingen der Eingliederungsmaßnahmen hängt wesentlich vom Vertrauen der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters ab.

Muss die betroffene Arbeitnehmerin beziehungsweise der betroffene Arbeitnehmer dem im BEM gefundenen Ergebnis Folge leisten, zum Beispiel eine Rehabilitationsmaßnahme beantragen?

Die oder der betroffene Beschäftigte muss dem im BEM gefundenen Ergebnis grundsätzlich Folge leisten und zum Beispiel eine Rehabilitationsmaßnahme beantragen. Das BEM-Verfahren beinhaltet eine gemeinsame Klärung der Situation am Arbeitsplatz. Ein Ergebnis wird somit gemeinsam gesucht und gefunden. Setzt die betroffene Person die gefundene Maßnahme nicht um, muss der Arbeitgeber sie darauf hinweisen, dass sie im Weigerungsfall mit einer Kündigung rechnen muss. Lehnt die betroffene Person die Maßnahme dennoch ab oder bleibt sie trotz Aufforderung untätig, braucht der Arbeitgeber die Maßnahme vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung nicht mehr als milderes Mittel zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 10.Dezmebr 2009 – 2 AZR 400/08; vergleiche auch LAG Frankfurt, Urteil vom 3. Juni 2013 – 21 Sa 1456/12).

Was ist, wenn das BEM zu einem negativen Ergebnis führt oder das gefundene Ergebnis fehlschlägt?

Führt das BEM zu dem Ergebnis, dass es keine Möglichkeit gibt, die Arbeitsunfähigkeit zuüberwinden oder künftig zu vermeiden, ist dies ebenfalls bei einer eventuellen krankheitsbedingten Kündigung zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber genügt seiner arbeitsgerichtlichen Darlegungslast, wenn er auf diesen Umstand hinweist und behauptet, es bestünden keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten. Der nunmehr darlegungspflichtige Arbeitnehmer genügt seiner Darlegungslast grundsätzlich nicht dadurch, dass er auf alternative Beschäftigungsmöglichkeiten verweist, die während des BEM behandelt und verworfen worden sind. Auch der Verweis auf nicht behandelte Alternativen wird grundsätzlich ausgeschlossen sein. Die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer muss diese bereits in das BEM einbringen. Sie/er kann allenfalls auf Möglichkeiten verweisen, die sich erst nach Abschluss des BEM bis zum Zeitpunkt der Kündigung ergeben haben (BAG, Urteil vom 10. Dezember 2009 – 2 AZR 400/08). Ebenso verhält es sich, wenn das im BEM gefundene Ergebnis fehlschlägt. Der Arbeitgeber muss jedoch dafür sorgen, dass die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer die realistische Möglichkeit zur Umsetzung erhält und darf zum Beispiel bei einer stufenweisen Wiedereingliederung (§ 44 SGB IX) nicht einen ungeeigneten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen oder bereits nach wenigen Tagen eine volle Arbeitsleistung verlangen.

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