Sozialgesetzbuch IX (SGB IX)

Wann wird BEM angewendet?

BEM ist geregelt im Sozialgesetzbuch IX (SGB IX)

Unternehmen bzw. Arbeitgeber sind gemäß Gesetzeslage (§ 167 Abs. 2 SGB IX – früher § 84 Abs. 2) bereits seit Mai 2004 verpflichtet länger erkrankten Beschäftigten ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten.

Gemeinsam mit dem/der betroffenen ArbeitnehmerIn muss eine Betrachtung der aktuellen Arbeitssituation und der allgemeinen Lebensumstände erfolgen, um die Ursache der Arbeitsunfähigkeit herauszufinden.

Dieses greift immer dann, wenn ein/e Mitarbeiter/in innerhalb von 12 Monaten mehr als 6 Wochen lang krank war (bei der Jahresfrist ist nicht auf das Kalenderjahr, sondern darauf abzustellen, ob die betroffene Person in den letzten zwölf Monaten insgesamt länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig war). Ob der Ausfall betrieblich bedingt ist, spielt dabei keine Rolle.

Alle Beschäftigten haben Anspruch auf ein BEM. Für den Arbeitnehmer ist die Teilnahme am BEM freiwillig. Die erkrankte Person kann frei entscheiden, ob sie am BEM sowie an einzelnen Maßnahmen daraus teilnehmen möchte, ihre Zustimmung ist unbedingt erforderlich. Gesprächsinhalte gehen nicht in die Personalakte ein.

BEM ist kein Überwachungssystem und keine lästige Gesetzesvorgabe, sondern es soll die langfristige körperliche und psychische Gesundheit der Belegschaft sichern.

Gleichzeitig gibt es dem Arbeitgeber Rechtssicherheit, z. B. wenn dieser eine krankheitsbedingte Kündigung aussprechen muss. In diesem Fall dient das BEM sozusagen als Nachweis dafür, dass vorab alles getan wurde, um eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen.

Ein BEM wird dann nicht gewertet, obwohl es stattfand, wenn es nicht korrekt/nicht rechtskonform durchgeführt wurde.

Ein BEM darf nicht mit anderen Maßnahmen, die auch in Verbindung zur Arbeitsunfähigkeit stehen, verwechselt werden.

Beispiele für Maßnahmen, die kein BEM sind:

Gilt § 167 Absatz 2 SGB IX auch für Beamte?

Selbstverständlich gilt § 167 Absatz 2 SGB IX auch für Beamte. Dass diese „Beschäftigte” sind, ist bei § 164 (§ 81 SGB IX alte Fassung) Absatz 2 SGB IX unstreitig und gilt auch bei § 167 SGB IX. Auch der Begriff des „Arbeitgebers” beruht auf der gesetzlichen Begriffsbestimmung für das SGB IX in § 154 Absatz 1 SGB IX (§ 71 SGB IX alte Fassung), wonach Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber sind, auch wenn es einzelne – immer weitergehende – Regelungen für öffentliche Arbeitgeber gibt. Die Pflicht zur Durchführung eines BEM erstreckt sich auf alle Beamten mit einer krankheitsbedingten Fehlzeit von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahreszeitraumes (BVerwG, Beschluss vom 4. September 2012 – 6 P 5.11 sowie Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 C 22.13).

Kann die betroffene Person im öffentlichen Dienst zum Amtsarzt geschickt werden?

Diese Frage beantwortet sich allein nach den allgemeinen Bestimmungen, die durch § 167 Absatz 2 SGB IX nicht erweitert werden. Insofern kann eine betroffene Person, die im öffentlichen Dienst arbeitet, gegen ihren Willen dann zum Amtsarzt geschickt werden, wenn dies nach den allgemein hierfür bestehenden Vorschriften möglich ist (zum Mitbestimmungsrecht des Personalrates BVerwG, Beschluss vom 5. November 2010 – 6 P 18/09). Es ist nicht zwingend erforderlich, dass vor einer amtsärztlichen Untersuchung ein BEMangeboten oder durchgeführt wurde. Zwischen dem BEM und dem Verfahren zur Klärung einer eventuellen Dienstunfähigkeit besteht kein Stufenverhältnis. Die Durchführung des BEM ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für eine beamtenrechtliche Zurruhesetzungsverfügung (BVerwG, Urteil vom 5. Juni 2014 – 2 C 22.13). Im Rahmen einer amtsärztlichen Untersuchung kann der Amtsarzt auch zu möglichen Maßnahmen des BEM Stellung nehmen (vergleiche OVG Niedersachsen, Beschluss vom 20. Januar 2007 – 5 ME 61/07). Es ist jedoch anzuraten, das amtsärztliche Verfahren klar von einem gegebenenfalls parallel verlaufenden BEM-Verfahren zu trennen.

BEM - letztlich ein Gewinn für alle Beteiligten

Die Sicht der Arbeitgeber

Anfangs sahen viele Arbeitgeber mit der in § 167 Absatz 2 Satz 1 SGB IX verankerten Pflicht zur Durchführung des BEM nur mehr Bürokratie, mehr personellen Aufwand, das heißt mehr Kosten aud sich zukommen. Dies hat sich gewandelt und hängt eng mit dem demografischen Wandel zusammen. Die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Beschäftigten und das Achten auf die Ressourcen Gesundheit, Arbeitsfähigkeit und Erwerbsfähigkeit wird heute besser geachtet als bisher. Das BEM ist heute weitgehend etabliert. So ist die Gesundheitsförderung als Unternehmensstrategie inzwischen ein umfassender Ansatz und beinhaltet auch den Arbeitsschutz und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. BEM ist zum Bestandteil der Gesundheit als Betriebskultur geworden.

Fazit: Die Vorteile für die Arbeitgeber überwiegen!

Die Sicht der Beschäftigten

“Krankheitszeiten, Krankheitsdiagnosen, die Gesundheit insgesamt sind Privatsache. Deshalb stehen in einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des behandelnden Arztes auch keine Krankheitsdiagnosen, sondern nur die Dauer der Arbeitsunfähigkeit. BEM macht aus dieser Privatsache eine betriebsöffentliche Angelegenheit. Was ist, wenn das BEM-Verfahren keinen Erfolg hat und weitere Arbeitsunfähigkeitszeiten zu befürchten sind? Habe ich dann nicht an der Vorbereitung meiner krabkheitsbedingten Kündigung mitgewirkt?”

Arbeitsunfähigkeitszeiten sind nie Privatsache gewesen. Sie belasten den Betrieb/die Dienststelle mit Lohnfortzahlungskosten, Kolleg : innen müssen die Arbeit zusätzlich übernehmen. Die Solidargemeinschaft der Versicherten wird ebenfalls mit Kosten belastet (zum Beispiel mit Krankengeld oder den Kosten von medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen). Wichtiger aber ist, dass das BEM zur persönlichen Gesunderhaltung des Beschäftigten wesentlich beitragen kann. Betrieblichen Ursachen von Arbeitsunfähigkeitszeiten wird nachgegangen. Einer möglicherweise drohenden chronifizierung von Krankheiten kann vorgebeugt werden, wenn man den Ursachen der Krankheit auf den Grund geht. Der arbeitende Mensch verbringt . jedenfalls wenn er in Vollzeit beschäftigt ist – während der Zeit seiner Erwerbstätigkeit ein Drittel des tages am Arbeitsplatz. Arbeitszeit ist Lebenszeit. Erkenntnisse aus BEM-Verfahren, die beispielsweise zu belastungsmindernden Veränderungen in der Arbeitsorganistaion, zu einer ergonomischen Arbeitsplatzgestaltung oder zur Reduzierung psychischer Stressfaktoren (unter anderem auch im Verhalten von Führungskräften) führen, aber auch die stufenweise Wiedereingliederung nach längerer Krankheit besitzen vor dem Hintergrund erhebliche Bedeutung für die gesundheit der Beschäftigten.

Fazit: Die Vorteile für die Beschäftigten überwiegen!